Mit neuer Software lässt sich ein neues Produktionslayout spielerisch dreidimensional planen, simulieren und optimieren.
Wer schon einmal eine Fabrik geplant oder neu strukturiert hat, weiß, wie anspruchsvoll und komplex die Aufgabe ist. Unabhängig davon, ob die Planer bei null anfangen, also quasi auf der grünen Wiese, oder ob sie ein bestehendes Fabriklayout verändern: Es ist nicht trivial.
Früher wurden Planungen mit Papier und Bleistift, später dann per CAD-Technologie am digitalen Reißbrett erledigt. Freudenberg Sealing Technologies (FST) nutzt zudem seit Jahren die Production-Preparation-Process-(3P)-Methodik aus dem Lean-Baukasten. Dabei simuliert ein Team mit Hilfe von Kartons, Papierlayouts und viel Hirnschmalz einen künftigen Produktionsprozess.
Mittlerweile hat FST begonnen, die Layoutplanung zunehmend zu digitalisieren. Mit einer Visualisierungs-Software des zum KUKA-Konzern gehörenden Unternehmens Visual Components lassen sich selbst hochkomplexe Fertigungslinien und automatisierte Roboterzellen planen und simulieren. Eine 3D-Umgebung bildet alle betreffenden Arbeitsschritte realistisch ab. Mike Anttila, CTO von Visual Components, spricht gar von „3D-Spielplätzen für die Industrie“. Gemeint ist, dass alles, was später in einer realen Fertigungshalle stehen soll, vorab virtuell abgebildet wird – inklusive einer realistischen Bedienung mit Laufwegen der Werkerinnen und Werker oder der möglichen Integration eines Roboters.
Die Automatisierung nimmt in den Fabrikhallen zu, ebenso die Anzahl unterschiedlicher Roboter oder Cobots, die ihren menschlichen Kollegen zur Hand gehen. All das macht Fertigungsprozesse von morgen immer komplexer. Lassen sich diese vielschichtigen Systeme simulieren, erkennt das Planungsteam bereits im Vorfeld, ob Prozesse später funktionieren werden oder nicht. Damit kann das Unternehmen Zeit und Kosten sparen.

Digital Simulieren
Ähnlich wie bei der 3P-Methodik lassen sich also bereits vor der Inbetriebnahme einer neuen oder neustrukturierten Fertigung Prozesse und Abläufe optimieren, Roboter für spätere Aufgaben „trainieren“. Künftige Prozesse in der Theorie auszuprobieren heißt auch, unterschiedliche Varianten vorab digital zu testen. Manchmal stellt sich dabei heraus, dass eigentlich vorgesehene Anlagen so nicht funktionieren würden. Wären diese zu dem Zeitpunkt bereits bestellt, müsste nachträglich aufwändig nachgebessert werden.
„FST hat im Juni zwei globale Software-Lizenzen von Visual Components erworben. Wir haben inzwischen erste Mitarbeitende darin geschult und die Software implementiert“, berichtet Alexandra Krupp, Director Global Process Development, Technology & Innovation. Auch ein erstes Projekt nimmt mit der neuen Software langsam Gestalt an. So plant das Lead Center Fluid Power in Schwalmstadt, eine Zelle zu automatisieren, in der jede Presse direkt mit einem kleinen Nachheizofen verbunden ist. „Das Lead Center möchte weg vom Nachheizen per Blockfertigung und stattdessen im Sinne von Lean nach Single Piece Flow, also im Einstückfluss, fertigen.“
Das heißt: Jedes Teil wandert aus der Presse direkt in den angeschlossenen Ofen, anstatt wie zuvor auf Blechen gesammelt und „im Block“ in einem großen Ofen nachgeheizt zu werden. Auch ist vorgesehen, dass sogenannte Automated Mobile Robots (AMR) über einen dezidierten Weg die fertigen Teile abtransportieren und damit den Werkerinnen und Werkern zusätzliche Wege ersparen. Die AMR lassen sich ebenfalls über die Software anlernen. Ein weiteres Pilotprojekt ist geplant und wird in Kürze auf den Weg gebracht.
„Als nächstes werden wir das System mit eigenen Step-Daten füttern“, fährt Krupp fort. So werden beispielsweise vorhandene Pressen, Anlagen, Öfen oder Phosphatieranlagen in einem elektronischen Katalog im Originalmaßstab hinterlegt und alle neuen Anlagen und Maschinenspezifikationen hinzugefügt. Diese lassen sich ganz einfach per Drag &Drop ins virtuelle Layout ziehen und beliebig anordnen und verschieben. Bis alles passt und in die Realität umgesetzt werden kann.

Visual Components
Das finnische Unternehmen hat sich auf 3D-Simulation in der Fabrikplanung spezialisiert. Es wurde 1999 gegründet und im Jahr 2017 von der KUKA-Gruppe übernommen.
Die KUKA AG mit Sitz in Augsburg ist seit 2016 im Mehrheitsbesitz des chinesischen Midea-Konzerns. Kuka zählt zu den führenden Anbietern auf dem weltweiten Markt für Industrieroboter.
FST beliefert KUKA und nutzt gleichzeitig die Robotik-Lösungen des Unternehmens.