Der Wandel in der Antriebstechnik beinhaltet Risiken, etablierte Geschäfte fallen weg. Aber er bietet Freudenberg Sealing Technologies (FST) auch vielfältige Chancen: zum Beispiel durch Produktinnovationen für neue Antriebskonzepte oder durch verstärkte Aktivitäten in antriebsunabhängigen Automobilanwendungen. Erfolgversprechend sind darüber hinaus Geschäfte in anderen aufstrebenden Industrien. Erneuerbare Energien liefern dafür ein gutes Beispiel.
Im Automobilgeschäft stehen die Zeichen auf Elektromobilität. Die Transformation vom Verbrennungs- zum batteriebetriebenen Elektromotor nimmt zunehmend an Fahrt auf. Angesichts dessen entwickelt FST aktuell eine Vielzahl von Lösungen für die „Neue Mobilität“, die weit über das klassische Dichtungsgeschäft hinausreichen.
Diese Technologieoffenheit und Innovationsfreude von FST manifestiert sich aktuell unter anderem in Hitzeschilden, Thermal Barriers, multifunktionalen Druckausgleichselementen (DIAvent), Stromschienen (Busbars) oder Zelldeckeln (Prismatic Cell Caps). Zwei Drittel der Automotive-Projektpipeline sind schon heute reine E-Mobility-Projekte. Die in der Dichtungstechnik erworbene Material-, Design- und Prozesskompetenz erweist sich dabei als äußerst wertvoll.
Parallel dazu kann FST mit einer Reihe bestehender Produkte in den Automobilantrieben von morgen punkten. Bestes Beispiel sind Plug & Seals. FST kann diese Verbindungselemente zusätzlich mit Sensoren ausstatten, die Temperaturen oder Drücke überwachen. Apropos Sensoren: Durch die zunehmende Elektrifizierung und Automatisierung der Fahrzeuge mit einer Fülle von Sicherheits- und Komfortfunktionen von Spurhalteassistent bis Massagesitz wächst der Bedarf an Sensorik und Elektronik im Auto – völlig unabhängig davon, wie es motorisiert ist. Bewährte Dichtungen und Gehäuse von FST schützen diese messtechnischen Bauteile vor extremen Temperaturen, Feuchtigkeit, Schmutz oder elektromagnetischen Störungen (EMI Shielding).
Bestehende Stärken stärken
Klassischen FST-Produkten kommt derzeit zudem der Trend zur Getriebeautomatisierung von Automobilen zugute. Hierfür hat FST traditionell hervorragende Lösungen zu bieten, allen voran Simmerringe in unterschiedlichen Ausprägungen. Außerdem müssen – völlig unabhängig von der Antriebsart – auch die Fahrzeuge der Zukunft lenken, federn, bremsen. In diesen Anwendungsbereichen kann FST mit vorhandenen und zusätzlichen „Propulsion Indepedent Products“ seine ohnehin bestehenden Stärken weiter stärken.
Nichtsdestotrotz gilt, was Ulrich Huth, Leiter Automotive Sales, im Interview der vergangenen SEALING WORLD-Ausgabe sagt: „Durch den Rückgang des Verbrenners und mit ihm verbundener Aggregate werden wir im Automobilbereich viele Geschäfte verlieren. Das betrifft ungefähr 60 Prozent unseres früheren Umsatzes – was nicht bedeutet, dass dieser gänzlich wegfällt. Bisher lag unser Hauptfokus auf Motor und Getriebe. Diese Rolle übernimmt jetzt vor allem die Batterie. Hinzu kommt die E-Achse, die Elektromotor, Getriebe und Leistungselektronik in einem Bauteil zusammenfasst.“
Unter diesen Vorzeichen ist es ein großer Pluspunkt von FST, mit einer extrem breiten Produktpalette in einer Vielzahl von Branchen zuhause zu sein. Wachstumsfelder gibt es viele, selbst wenn vorübergehend mal andere Geschäftsbereiche ins Stocken geraten. Bestes Beispiel: Pandemiebedingt rückten in den vergangenen Jahren medizintechnische Anwendungen in den Blickpunkt. Dabei zeigte sich, wie gut FST hier aufgestellt ist, zum Beispiel mit Mikro-Lösungen für Sicherheits- und Dosierventile beziehungsweise mit Dichtungen, Form-, Verbundteilen und Membranen für Labor-, Dental- und Medizintechnik, für Atemschutzmasken, Beatmungs- und Blutdruckmessgeräte (hierzu Artikel dieser Seite). Auch wenn es um Zukunftsthemen wie Robotik und Automation geht, platziert sich FST mit seinen Angeboten in der ersten Reihe (hierzu Artikel auf dieser Seite).
Branchenübergreifend zukunftsweisend für einen sicheren und zuverlässigen Maschinen- und Anlagenbetrieb sind intelligente Dichtungen, sogenannte „Smart Seals“. Sie überwachen den eigenen Verschleiß: Zustandsmessung in Echtzeit! So helfen sie, Wartung und Instandhaltung vorausschauend zu planen und betriebswirtschaftlich effizient durchzuführen. Punktgenau: Weder zu früh, das wäre teuer; noch zu spät, das könnte eine Leckage zur Folge haben. Die Praxistauglichkeit solcher „Smart Seals“ hat FST Anfang dieses Jahres in einer Machbarkeitsstudie belegt.

Von Wasserkraft bis Wasserstoff
Über der schrittweisen Abkehr vom Verbrennungsmotor und der Elektrifizierung des Antriebs steht ein übergeordnetes Ziel: Es geht darum, fossile Energieträger durch erneuerbare zu ersetzen und dadurch die Erderwärmung zu bremsen. Auch in dieser – gar nicht mehr so – neuen Welt von Wasserkraft und Wasserstoff, von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen, von Windturbinen und Solaranlagen ist FST seit Jahren erfolgreich unterwegs. Dank eines vorausschauenden Agierens beginnt Freudenberg jetzt die Früchte dieser Arbeit zu ernten. Die Zuwächse in diesen Märkten tragen dazu bei, allmählich wegfallende Geschäfte im klassischen Automobilgeschäft auszugleichen.
„Wir fertigen maßgeschneiderte Produkte für Schleusen, Dämme und Sturmflutsperrwerke jeglicher Form und Größe“, nennt Scott Sharpless, Global Key Account Manager bei Freudenberg-NOK Sealing Technologies, ein Beispiel. Diese Marktpräsenz ist wichtig, denn Wasserkraft rangiert weltweit nach wie vor auf Platz eins der erneuerbaren Energien. „Indien, afrikanische und asiatische Länder folgen dem Beispiel Chinas, das seine wirtschaftliche Expansion durch den Bau zahlreicher Wasserkraftwerke forciert hat“, skizziert Sharpless die Zukunftschancen. Gezeitenkraftwerke im Meer, die zur Energieerzeugung die Kraft der Strömung aus dem Tidenhub nutzen, benötigen aufgrund der Aggressivität des Salzwassers technische Lösungen, die ein hohes Werkstoff-Know-how erfordern. Genau dies ist eine der Kernkompetenzen von FST.

Rückenwind für die Windkraft
Kräftigen Rückenwind erhält die Energiewende durch Windkraft. Angefangen bei Hauptlagerdichtungen – Stichwort: Seventomatic – fördert FST die dauerhafte Betriebssicherheit der Anlagen sowie das Wachstum der Branche mit einer Vielzahl von Produkten.
Ein Beispiel aus luftiger Höhe: Der Rotorblattdurchmesser von Offshore-Windkraftanlagen der nächsten Generation mit einer installierten Leistung von bis zu 20 Megawatt übertrifft 250 Meter. Es braucht robuste ausgeklügelte hydraulische Lösungen mit leistungsfähigen und langlebigen Kolbenspeichern von FST, um hoch oben über dem Meeresspiegel diese gigantischen Rotorblätter zu bewegen, Druckschwankungen auszugleichen und Überlastung entgegenzuwirken.
Auch auf Meereshöhe erfüllen FST-Bauteile wichtige Funktionen in Offshore-Windkraftanlagen. Zum Beispiel verhindert die Monopile-Transition-Piece-Dichtung zuverlässig Korrosion zwischen der Gründungsstruktur und dem Turm der Windkraftanlage über mehr als 30 Jahre. Für schwimmende Offshore-Windenergieanlagen sorgen in Bojen verbaute Gummipads von FST dafür, die Hochspannungskabel sicher in einer bestimmten Wassertiefe zu positionieren.

Sonnige Aussichten
Solarparks, von denen rund um den Globus immer mehr ans Netz gehen, stellen an Dichtungsmaterialien besondere Anforderungen, zum Beispiel in puncto UV-Beständigkeit und Brandschutz. Außerdem spielen häufig Staub, Sand und Wasser eine große Rolle. Um einzelne Solarpanels zu einer Solaranlage miteinander zu verbinden sowie um die gesamte Anlage ans Stromnetz anzuschließen, sind spezielle Steckverbindungen nötig. Die Stecker müssen rundum sicher abgedichtet werden, insbesondere gegen Wasser, um Korrosion zu vermeiden. FST liefert die dafür nötigen Dichtungsringe – mehrere 100 Millionen Stück pro Jahr. Die filigranen Dichtungen bestehen aus Silikon und haben lediglich etwa sieben Millimeter Durchmesser. Als sicherheitsrelevantes Bauteil verhindern sie Leistungsverluste durch Korrosion und vermindern die Brandgefahr.

Grüner Wasserstoff
Grüner, mit erneuerbarer Energie hergestellter Wasserstoff spielt in der Zukunft der Energieversorgung aller Voraussicht nach eine herausragende Rolle. Zum einen als „Brennstoff“ für Brennstoffzellen, die künftig zum Beispiel Schiffe und LKW antreiben sollen. Freudenberg hat bereits vor mehr als zweieinhalb Jahrzehnten begonnen, Dichtkonzepte für die Brennstoffzellentechnik zu entwickeln. Das dabei erworbene Know-how zahlt sich jetzt aus.
Zum anderen können mit Wasserstoff Verbrennungsmotoren betrieben werden. Dies könnte in manchen Anwendungen eine Übergangslösung auf dem globalen Weg zu besseren CO2-Bilanzen darstellen. Zu guter Letzt kann Wasserstoff auch als Speicher- und Transportmedium für grün erzeugte elektrische Energie dienen.
Um Wasserstoff in Elektrolyseuren herzustellen, haben sich insbesondere zwei Verfahren etabliert – die alkalische (AEL) sowie die Proton-Exchange-Membran (PEM)-Elektrolyse. Für beide Verfahren bietet FST passende integrierte Dichtungslösungen wie Rahmendichtungen an, mal aus dem Werkstoff FKM, mal aus EPDM.

Spannend
Was nützt der sauberste Grünstrom, wenn er nicht zu den Verbrauchern gelangt? Es braucht Stromtrassen! Zu diesen Stromtrassen gehören Verteiler- und Umspannwerke, die Hochspannungs-Überlandleitungen mit den lokalen Verteilnetzen verbinden und dafür sorgen, dass der Strom mit einer Niederspannung von 230 Volt aus der heimischen Steckdose kommt. In den Schaltanlagen der Umspannwerke verhindern Schutzgase, dass Lichtbögen gefährliche Schäden verursachen. Bis dato wird für diesen Zweck umweltschädliches, dafür vergleichsweise leicht abzudichtendes SF6-Gas verwendet. Deutlich klimafreundlicher, dafür schwieriger abzudichten, sind moderne, auf CO2 und Luft basierende Schutzgase. FST hat für die umweltfreundlichen Lösungen passende langzeitbeständige Dichtungen aus dem Werkstoff CIIR entwickelt.